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Das Wichtigste dieser Folge in Kurzform:

  • Viele Lehrerinnen und Lehrer haben den Lehrerberuf gewählt, weil sie darin ihre Berufung leben.
  • Der Lehrerberuf ist aber oft auch anstrengend und kann sehr herausfordernd sein. Deshalb ist es wichtig, sich von Zeit zu Zeit an die schönen Seiten „seines“ Berufs zu erinnern, um so seine Motivation aufrechtzuerhalten.
  • Deshalb findest du hier meine Top-9-Gründe, warum der Lehrerberuf zu den schönsten Berufen der Welt gehört.

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An der Schule, an der ich vor vielen Jahren mein Referendariat gemacht habe, gab es einen Kollegen, der der geborene Lehrer war. „Nobby“, kurz für Norbert, war zwar nicht mein Mentor, hat mich aber sehr oft und sehr engagiert unterstützt, wenn Unterrichtsbesuche anstanden oder wenn ich irgendwo nicht weitergekommen bin (danke dafür!).

Gegen Ende des Referendariat bin ich mit Nobby und einer Kollegin zusammen mit seiner 10. Klasse nach Berlin auf eine Klassenfahrt gefahren.

Abends im Zimmer der Jugendherberge haben wir uns unterhalten und ich habe ihn gefragt, ob er noch einmal den Lehrerberuf wählen würde. Seine Antwort hat mich ziemlich schockiert.

Nein, ich würde es nicht noch einmal machen„, war nämlich seine Antwort.

Der Lehrerberuf kann sehr herausfordernd sein

Der Lehrerberuf hat viele Seiten, die sehr belastend sein können. Arbeitsdruck, Stress, schwierige soziale Bedingungen, Lärm, fehlende Anerkennung, Burnout-Gefahr.

Alles Dinge, mit denen wir als Lehrer tagtäglich konfrontiert werden.

Und gerade aktuell gibt es eine sehr große Frustration innerhalb der Lehrerschaft.

Corona – Die Frustrations-Pandemie unter Lehrern

Frust über die Arbeitsbedingungen während der Corona-Pandemie. Frust über die Entscheidungen „von oben“, die mehr als oft für viele einfach nicht nachvollziehbar waren bzw sind. Frust über die mangelnde Ausstattung der Schulen. Frust über die Untätigkeit der Ministerien.

Viele Lehrer sind mit dem Gefühl aus dem letzten Jahr gegangen, als „Kanonenfutter“ von ihrem Arbeitsgeber verheizt worden zu sein (Originalausdruck eines Schulleiters in einem Facebook-Beitrag).

Eine Kollegin aus Baden-Würtemberg hat in einem Leserpost diesem Frust Ausdruck verliehen. Der Post wurde anschließend von der Redaktion von 4teachers als Artikel veröffentlicht. Hier ist er.

Mir selbst ging es in den letzten Monaten oft nicht anders.

Es gab Tage, da hat sich mir der Magen vor Wut zusammengezogen. Und mehr als einmal musste ich mich ganz bewusst darum kümmern, diese Wut wieder loszulassen, um nicht den Rest des Tages damit rumzulaufen.

Letztlich geht es hier im Healthy Teacher Podcast ja auch genau darum, wie man mit Stress, Druck, Überforderung und Frustration im Lehrerberuf auf eine gesündere Art und Weise umgehen kann.

Die schönen Seiten des Lehrerberufs

Bei all diesen negativen Dingen, verliert man schnell aus den Augen, dass es auch sehr viele positive Seiten an unserem Beruf gibt.

Und sich die manchmal in Erinnerung zu rufen, ist eine wirksame Strategie, mit dem Stress und den Belastungen, die der Beruf eben auch mit sich bringt, besser umzugehen.

Hier findest du deshalb 9 Gründe, warum der Lehrerberuf meiner Meinung nach trotz der vielen Herausforderungen zu den schönsten Berufen der Welt gehört.

Wenn die nächsten Ferien noch unendlich weit weg zu sein scheinen und die Wochen bis dahin einfach kein Ende nehmen wollen, dann höre dir diese Folge doch noch einmal an.

Das lenkt deinen Fokus wieder in eine etwas andere Richtung und gibt Impulse für ein positiveres Mindset – schließlich haben wir uns den Beruf (hoffentlich) ja irgendwann einmal  nicht ohne Grund ausgesucht.

1) Du arbeitest mit jungen Menschen

In kaum einem anderen Beruf hast du die Möglichkeit, so intensiv mit jungen Menschen zu arbeiten, wie im Lehrerberuf. Der Kontakt mit jungen Menschen hält auch dich jung.

Du bekommst Ideen und Inspirationen und siehst, was die kommenden Generationen gerade beschäftigt.

So bist du ständig mit Neuem konfrontiert und bleibst flexibel in deinem Denken. Und genau das hält auch dich jung. Denn: Leben ist beständige Weiterentwicklung.

Der Kontakt mit jungen Menschen und die daraus resultierenden kognitiven, sozialen und emotionalen Anregungen trägt so zur eigenen Zufriedenheit bei.

Für die Generation der sehr alten Menschen (> 85 Jahren) konnte der positive Effekt des gegenseitigen Kontakts sogar in einer Studie der Uni Heidelberg nachgewiesen werden.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine Doktorarbeit, die an der Uni Bremen durchgeführt wurde und die Effekte des gegenseitigen Kontakts zwischen Jugendlichen und Frauen im Alter von 70-74 Jahre untersucht hat.

Interessant dabei: Dieser gegenseitige Kontakt wurde nicht nur von den alten Menschen als sehr positiv empfunden, sondern tatsächlich auch von den jungen Menschen.

Und das leitet über zu Punkt 2.

2) Du kannst die Welt verändern

Zugegebenermaßen klingt „die Welt verändern“ etwas pathetisch und ist auch etwas, was im Schulalltag eher weniger präsent ist.

Das heißt aber nicht, dass du nicht genau das tust, wenn du Lehrer bist.

Denn: Nicht nur die jungen Menschen beeinflussen dich (siehe Punkt 1), sondern andersherum beeinflusst du natürlich auch die jungen Menschen und nimmst so einen großen Einfluss auf die nachfolgenden Generationen.

Indem du – häufig ganz unbewusst – deine Werte und Vorstellungen von der Welt an deine Schülerinnen und Schüler weitergibst.

Die lernen nämlich vor allem durch dein Vorbild. Und das ganz automatisch. Das war übrigens auch eines der Ergebnisse der oben erwähnten Doktorarbeit an der Uni Bremen.

Wahrscheinlich hast du die Sozialkognitive Lerntherorie nach Albert Bandura im Studium durchgenommen. Und die besagt genau das, nämlich, dass Menschen bevorzugt lernen, indem sie sich von anderen abgucken, wie die sich in bestimmten Situationen verhalten.

Und das gilt insbesondere für Kinder.

Wenn du selbst Kinder hast, dann weißt du, wie genau deine Kinder dich beobachten und alles nachmachen, was du machst.

Bandura hat bereits in den 1960er-Jahren einige Studien zum Modelllernen durchgeführt, die unter dem Namen „Bobo Doll Experiment“ bekannt geworden sind. Eine schöne Zusammenfassung seiner Studien – sogar mit animierten Videos – findest du hier.

Fazit:

Junge Menschen schauen sich das Verhalten von älteren ab und entwickeln so ihre Wertvorstellungen über die Welt.

Im Lehrerberuf bist du daher immer auch Vorbild für deine Schülerinnen und Schüler.

3) Du hilfst jungen Menschen, einen guten Start ins Leben zu bekommen

Wenige Dinge machen so glücklich, wie anderen Menschen zu helfen. Dass das nicht nur ein schöner Gedanke ist, wird mittlerweile von vielen wissenschaftlichen Studien bestätigt.

Im Lehrerberuf hast du die Möglichkeit, jeden Tag deinen Schülerinnen und Schülern dabei zu helfen, einen gute – oder zumindest besseren – Start in ihr Leben zu bekommen.

Ich habe viele Jahre schwerpunktmäßig im Hauptschulzweig einer großen Gesamtschule unterrichtet.

Und das, was mir in dieser Zeit am meisten Freude bereitet hat, war tatsächlich genau dieser Punkt.

Als ich damals meine erste Hauptschulklasse (Jahrgangsstufe 5) übernommen hatte, habe ich die Schülerinnen und Schüler als erstes gefragt, was sie glauben, warum sie in der Hauptschule sind.

Die Antwort: „Weil wir dumm sind“.

Ich habe meinen Schülerinnen und Schülern damals verboten, negativ über sich selbst zu sprechen.

Ab ungefähr der 8. Klasse hatten sie es dann so weit verinnerlicht, dass sie es tatsächlich nicht mehr gemacht haben.

Die allermeisten Schülerinnen und Schüler der Klasse haben dann nach dem Hauptschulabschluss noch einen Realschulabschluss gemacht. Und stehen heute mit beiden Beinen im Leben.

War das mein Einfluss?

Bestimmt nicht nur. Aber vielleicht auch.

Und genau das ist ein wirklich toller Punkt in unserem Beruf als Lehrer!

4) Du kannst dir einen Teil des Arbeitstages frei einteilen

Ich bin ein sehr freiheitsliebender Mensch. Einen Teil meines Arbeitstages frei und selbstbestimmt einteilen zu können, ist für mich deshalb einer der Punkte, die ich am Lehrerberuf besonders liebe.

Ein Stück weit verbindet der Lehrerberuf an dieser Stelle die Sicherheit eines festen Jobs mit der Flexibilität einer freiberuflichen Tätigkeit.

So kann ich z.B. einkaufen, wenn die Läden nicht so voll sind. Wenn es gute Angebote gibt, kann ich hinfahren, bevor die Angebote ausverkauft sind.

Und wenn ich einen Arzttermin wahrnehmen oder einen Behördengang erledigen muss, muss ich keinen Urlaub dafür nehmen.

Klar, im Rahmen von Ganztagsschulen ist diese Freiheit im Lehrerberuf nicht mehr so ausgeprägt, wie sie das mal war.

Aber ich halte die freie Einteilung eines Teils des Arbeitstags nach wie vor für einen der Vorteile in unserem Beruf.

5) Hier ist Platz für deinen eigenen Grund, warum für DICH der Lehrerberuf zu den schönsten Berufen der Welt gehört!

Eigentlich war diese Überschrift so nicht geplant, ich habe beim Aufnehmen der Folge versehentlich einen Punkt übersprungen.

Also habe ich mir gedacht, ich mach das Beste draus und habe deshalb hier etwas Platz für deine eigenen Gedanken gelassen, warum für dich der Lehrerberuf zu den schönsten Berufen der Welt gehört!

Für mich gehört der Lehrerberuf zu den schönsten Berufen der Welt, weil…

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6) Der Lehrerberuf ist krisensicher

In Zeiten der Corona-Pandemie ist vielen sehr schmerzhaft vor Augen geführt worden, dass die Sicherheit des eigenen Jobs etwas sehr Wichtiges ist.

Viele Selbstständige wussten plötzlich nicht mehr ob und wie sie die nächste Miete zahlen konnten bzw. sollten.

Staatliche Hilfsprogramme sollten die soziale Not abwenden helfen, aber bis das Geld bei den Antragstellern angekommen ist, verging oft viel Zeit und nicht jeder hat Geld bekommen.

Und auch vielen Angestellten ging es nicht besser. Kurzarbeit und auch Entlassungen haben viele Familien finanziell schwer belastet.

Wir als Lehrer hatten diese Probleme nicht.

Sich keine existentiellen Sorgen machen zu müssen und zu wissen, dass man auch in 6 Monaten die Miete oder die Hypothek zahlen kann, das trägt dazu bei, dass man sehr viel entspannter durch´s Leben gehen kann.

Auch hier kann man natürlich sagen, dass das bei angestellten Lehrern nicht ganz so ist, wie bei verbeamteten Lehrern. Und dass viele Kollegen mit Zeitverträgen arbeiten und in den Sommerferien nicht bezahlt werden.

Aber für die Mehrheit gilt doch, dass der Lehrerberuf hier echte Vorteile hat.

7) Du erlebst viele berührende Begegnungen mit Menschen

Wenn ich mich mit Menschen unterhalte, die nicht in der Schule arbeiten, höre ich oft Dinge, wie „Ich könnte das nicht, mit den Jugendlichen heuzutage“ oder „Das ist doch bestimmt nicht einfach mit den Kindern, oder?“.

Und manchmal stimmt das auch.

Aber weitaus häufiger erlebt man als Lehrer tolle Begegnungen mit jungen Menschen, die einen manchmal auch tief berührern können.

Dann z.B., wenn Schülerinnen oder Schüler nach den Ferien zu dir kommen und dir sagen, dass sie dich vermisst haben.

Oder dann, wenn Schülerinnen oder Schüler auch in höheren Jahrgangsstufen dich versehentlich mit „Mama“ oder „Papa“ ansprechen, weil sie eine so tiefe Verbindung zu dir aufgebaut habe, dass du quasi zum Elternersatz wirst.

Oder wenn die eigene Klasse dich mit einem wundervollen Kunstwerk an der Tafel zu deinem Geburtstag überrascht.

All das passiert nicht täglich.

Aber wenn es passiert, dann können solche Begegnungen über Tage und Wochen ein positives Gefühl in dir auslösen.

Und das gehört mit Sicherheit auch zu den schönen Seiten des Lehrerberufs!

8) Im Lehrerberuf arbeitest du in weiten Teilen deines Berufsalltags eigenverantwortlich

Als Lehrer bist du für deinen Unterricht verantwortlich.

Du entscheidest, wie du deine Stunde gestaltest, wann du Klassenarbeiten schreiben (und korrigieren) willst und wie du deine Inhalte vermitteln willst.

Klar, die Vorgaben in vielen Bereichen des Schulalltags werden immer enger und Eigenverantwortung scheint von der Politik v.a. dann gefördert zu werden, wenn es darum geht, Verantwortung auf die Schulen abzwälzen.

Aber trotzdem.

Der Lehrerberuf ist von einem hohen Maß an eigenverantwortlichem Handeln geprägt.

Und das ist gut so.

Denn Eigen- oder Selbstverantwortung ist ein wichtiger Faktor einer hohen Arbeitszufriedenheit.

Das wird auch durch die Wissenschaft untermauert.

Viele Studien zeigen immer wieder, dass Selbstverantwortung ein wichtiger Faktor für eine hohe Arbeitszufriedenheit ist (hier findest du eine Dissertation der Uni Bamberg zu dem Thema mit vielen weiterführenden Literaturangaben).

Aber auch und gerade der Nachmittag ist im Lehrerberuf durch ein hohes Maß an Eigenverantwortung geprägt.

Ich genieße es nicht nur, dass ich meine Arbeitszeit am Nachmittag eigenverantwortlich planen kann (s.o.), sondern auch, dass ich meine Arbeitsabläufe am Nachmittag frei gestalten kann.

Das gibt mir nicht nur das Gefühl von Freiheit, sondern es ermöglicht mir auch, mich aktiv mit meinem Selbstmanagement auseinanderzusetzen und Abläufe zu optimieren.

Was letztlich hilt, Zeit sparen, die ich dann für die Dinge nutzen kann, die mir wichtig sind.

9) Endlich Ferien!

Für viele Außenstehende sind „die vielen Ferien“ der Hauptgrund, warum man Lehrer werden sollte. Oft schwingt auch eine gute Portion Neid mit, wenn andere Arbeitnehmer auf die Ferien der Lehrer schauen.

Als Lehrer weißt du natürlich, dass

  • nach 8-10 Wochen Untrricht sowohl die Schüler als auch die Lehrer an ihrer Belastungsgrenze sind
  • dass die Ferien eben nicht einfach nur frei sind, sondern dass in den meisten Ferien viele Aufgaben zu erledigen sind
  • und dass Lehrer außerhalb der Ferien häufig so viel arbeiten, dass sie die Ferien quasi schon „vorgearbeitet“ haben

Aber trotzdem, Ferien sind ein weiterer Pluspunkt für den Lehrerberuf.

Warum?

Weil sie eine Rhythmisierung in deinen Arbeitsalltag bringen.

Und das sorgt dafür, dass die Arbeit niemals eintönig wird.

Und: Auch wenn du in den Ferien Arbeiten korrigierst, Mappen kontrollierst, Noten „machst“ und die kommenden Unterrichtseinheiten vorbereitest – du machst das alles mit einem hohen Maß an Eigenverantwortlichkeit.

Und das trägt wiederum zur Arbeitszufriedenheit bei (s.o.).

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Das waren meine 9 Punkte (naja, streng genommen waren es ja nur 8), warum der Lehrerberuf – trotz all seiner Herausforderungen – einer der schönsten Berufe der Welt ist.

Gerade, wenn einem mal wieder alles zu viel wird und man sich fragt, wie man eigentlich auf die Idee kommen konnte, ausgerechnet Lehrer zu werden, kann es wirklich nützlich sein, sich diese Punkte noch einmal vor Augen zu führen.

Was denkst du darüber? Fallen dir noch weitere schöne Seiten an unserem Beruf ein (es gibt bestimmt noch viele)? Vielleicht hast du ja auch Lust, deinen Punkt Nr. 5 (siehe oben) mit uns zu teilen? Dann schreib mir einen Kommentar!

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