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Das Wichtigste dieser Folge in Kurzform:
- Schlagfertigkeit kann ein hilfreiches Mittel sein, um schwierige Situationen besser zu meistern und so entspannter mit solchen Situationen umzugehen.
- Schlagfertig zu kontern, kann man tatsächlich trainieren.
- Ich stelle dir 5 Sprachmuster aus dem Modell des NLP vor, die du genau dafür nutzen kannst.
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Vor einigen Wochen war wieder der Schulabschluss der 10. Klassen. Wie jedes Mal, gab es auch diesmal eine Abschlusszeitung.
In den Abschlusszeitungen finden sich ja auch immer kleine Kurzbeschreibungen der Lehrerinnen und Lehrer, die die Abschlussklassen unterrichtet haben.
Das kann ganz interessant sein, weil man als Lehrer dadurch immer mal wieder eine Rückmeldung darüber bekommt, wie man auf die Schüler wirkt. Und das kann durchaus hilfreich sein, um zu schauen, an welchen Stellen man als Lehrer am eigenen Auftreten ggf. etwas „nachbessern“ kann.
Im letzten Jahr stand bei meiner Kurzbeschreibung in der Abschlusszeitung „Disst seine Schüler“. Zum Glück hatten die Schüler darunter dann genauer erklärt, was sie damit meinten.
„…weil er auf jeden unserer dummen Sprüche einen passenden Konterspruch parat hatte.“, stand dort nämlich als Erklärung.
Und das bringt mich zum Thema der heutigen Folge, nämlich Schlagfertigkeit – und wie man sie tatsächlich auch trainieren kann.
Denn Schlagferigkeit zu besitzen ist für uns Lehrer durchaus eine wichtige und gute Eigenschaft.
Warum Schlagfertigkeit für Lehrer eine gute Eigenschaft ist
Vielleicht fragst du dich jetzt, warum Schlagfertigkeit eine so gute Eigenschaft für Lehrer sein soll und was das damit zu tun hat, als Lehrer entspannter und gesünder zu arbeiten.
Ganz einfach: Im richtigen Moment die passenden Antworten parat zu haben, kann dir viel Stress ersparen – sowohl in der Arbeit mit deinen Schülern, als auch in der Zusammenarbeit mit den Kollegen.
Vor allem im Unterricht kann das eine große Hilfe sein, gerade auch im Umgang mit schwierigen Schülern. Denn die fordern uns als Lehrer gerne mal durch einen frechen Spruch heraus.
Wer dann mit übertriebener Strenge und Härte reagiert, findet sich schnell in einem Kampf um Respekt und Anerkennung, den man eigentlich kaum gewinnen kann.
Im günstigsten Fall setzt man sich durch, weil die Schüler Angst haben. Respekt verdient man sich so nicht und dem Unterrichtsklima ist diese Art der Unterrichtsführung auch nicht zuträglich.
Gute Erfahrungen habe ich dagegen gemacht, wenn es mir gelingt, eine solche Situation ins Humorvolle zu „manövrieren“. Und dazu ist Schlagfertigkeit ein wichtiges Mittel.
Ein Beispiel dazu, was ich meine, das nicht aus der Schule stammt.
Von Winston Churchill erzählt man sich folgende Anekdote. Auf einer Feier sagte Lady Astor zu ihm: „Wince, if you were my husband, I would poisson you“, worauf er entgegnete „If you were my wife, I would take it.“.
Also, „Wince, wenn du mein Ehemann wärst, würde ich dich vergiften.“ und die Antwort: „Wenn du meine Frau wärst, würde ich das Gift nehmen.“
Damit hat er den „Angriff“ geschickt ins Humorvolle gezogen und Lady Astor den Wind aus den Segeln genommen.
Wenn uns das in der Kommunikation mit Schüler gelingt, können wir manche Situation entschärfen, die sonst sehr schnell eskalieren könnte.
Natürlich heißt das nicht, dass Schüler sich alles erlauben können.
Man braucht ein gutes Gespür dafür, wann Humor ein geeignetes Mittel ist und wann Grenzen überschritten werden, auf die es andere Antworten braucht. Und das kommt erst mit der Erfahrung.
Aber viele Situationen kann man mit Humor tatsächlich viel besser lösen. Das jedenfalls ist meine Erfahrung. Richtig angewandt schafft Schlagfertigkeit eine humorvolle Arbeitsatmosphäre, die das Arbeiten in der Schule einfach entspannter macht.
Schlagfertigkeit darf nicht auf Kosten der Schüler gehen
Allerdings muss einem auch klar sein, dass man beim Einsatz von Humor sehr aufpassen muss, dass dieser nicht auf Kosten von Schülern passiert.
Bei der Schlagfertigkeit geht es nicht darum, dass der Schüler, der z.B. einen frechen Spruch macht, anschließend derjenige ist, der dumm dasteht. Das Ziel ist eher, dass alle gemeinsam über die Situation lachen.
Auch dazu ein Beispiel, diesmal aus der Schule.
Letztes Jahr hatte ich eine 9. Klasse in Physik. Es waren noch 4 Wochen bis zu den Sommerferien und ich wollte gerade die Hausaufgabe für die nächste Woche bekanntgeben.
Allerdings hatten die Schüler nicht wirklich Lust auf Hausaufgaben.
Eine Schülerin sagte: „Wenn Sie uns jetzt Hausaufgaben aufgeben, passen wir bis zu den Sommerferien nicht mehr im Unterricht auf“. Meine Antwort (mit einem Augenzwinkern) war: „Als wenn ihr hier jemals aufpassen würdet“.
Wir haben alle gelacht und ich bin meine Hausaufgaben losgeworden.
Es geht also auf keine Fall darum, jemanden bloßzustellen, sondern eher darum, z.B. etwas frotzelnd eine Situation zu kommentieren.
Übrigens: Mir geht es hier nicht darum, eine Aussage über den Sinn oder Unsinn von Hausaufgaben zu machen. Darüber gibt es unterschiedliche Meinungen, die hier aber nicht das Thema sind.
Leider fallen einem viele gute und schlagfertige Antworten erst ein, wenn die Situation schon vorbei ist.
Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt. (Mark Twain)
Die gute Nachricht ist aber, dass man Schlagfertigkeit tatsächlich trainieren kann.
Schlagfertigkeit kann man trainieren
Eine Möglichkeit, seine Schlagfertigkeit zu trainieren, bietet das Neurolinguistische Programmieren (NLP). Denn das ist eben auch eine Ansammlung von Kommunikationstools – also Techniken, mit denen man effizienter und zielgerichteter kommunizieren kann.
Und schlagfertig zu antworten ist letztlich ja nicht anderes als eine Form der Kommunikation. Und zwar eine, bei der man den Bedeutungsgehalt einer Aussage verändert – herumdreht könnte man auch sagen.
Man gibt einer Aussage sozusagen einen neuen Bedeutungsrahmen und verändert damit den ursprünglichen Kontext der Aussage.
Im NLP bezeichnet man das als Reframing.
Dazu hat Robert Dilts – einer der wichtigsten Vertreter des NLP – insgesamt 14 Sprachmuster identifiziert, die genau das leisten. Im NLP sind diese Sprachmuster als „Sleight of Mouth“ bekannt (in etwa „mündliche Tricks“) und dienen v.a. zur Veränderung von Glaubenssätzen.
Da es bei Schlagfertigkeitstechniken ähnlich wie bei der Veränderung von Glaubenssätzen, auch um die Veränderung des Bedeutungsrahmens geht, kann man die Sleight of Mouth – Techniken auch prima einsetzen, um seine Schlagfertigkeit zu trainieren.
In diesem Sinne sind die Sleight of Mouth – Techniken dann sozusagen professionelle Möglichkeiten, jemandem das Wort im Mund herumzudrehen .
Ich stelle dir 5 dieser 14 Sprachmuster näher vor, von denen ich glaube, dass sie gut geeignet sind, um schlagfertiger zu werden.
Ein Hinweis aber noch vorweg:
Wenn man auf diese Weise Sprachmuster analysiert, dann wirkt das sehr trocken und langweilig. Man kann sich dann kaum noch vorstellen, wie das im Unterricht humorvoll wirken soll.
Es geht hier aber nur darum, die Muster überhaupt erstmal zu erkennen.
Mein Tipp: Suche dir dann eines der Muster heraus, das dich besonders anspricht, und überlege am Anfang, wie du in bestimmten Situationen reagieren hättest können – also nachdem die Situation vorbei ist.
Mit der Zeit entwickelst du dadurch ein Gespür für passende Antworten, und irgendwann wird dir dann auch in einer Situation ein passender „Konterspruch“ einfallen, der dann auch nicht konstruiert wirkt.
Wenn das dann funktioniert, suche dir ein anderes Sprachmuster heraus und arbeite mit dem weiter.
Und: Nicht in jeder Situation passt jedes Sprachmuster. Auch dafür muss man einfach durch Erfahrung ein Gefühl entwickeln.
Change Frame Size
Bei diesem Sprachmuster verändert man den Bedeutungsrahmen, auf dem eine Aussage beruht und verändert damit den Blickwinkel, unter dem man die Aussage betrachtet.
Das schafft neue Bedeutungsvarianten.
Das ist genau das, was ich (unbewusst) in dem Beispiel mit den Hausaufgaben weiter oben gemacht habe.
Der Spruch der Schülerin hat nämlich vorausgesetzt, dass die Schüler sonst aufpassen. Dadurch, dass ich das in Frage gestellt habe, wurde der zweite Teil ihrer Aussage hinfällig und die ganze Situation hat eine veränderte Bedeutung bekommen.
Lass uns einmal schauen, welche Antworten es auf den Spruch der Schülerin noch gegeben hätte.
Chunking Down
Hierbei geht es darum, die Ursprungsaussage herunterzubrechen und in kleine Informationen zu zerlegen, die man genau benennen kann.
Im Beispiel mit den Hausaufgaben könnte das bedeuten, die Schüler zu fragen, was genau es bedeutet, wenn sie aufpassen, falls sie keine Hausaufgaben bekommen würden.
Heißt das z.B. das jeder Schüler sich mindestens 2x pro Stunde meldet? Und was ist, wenn ein Schüler sich weniger meldet? Gibt es dann mehr Hausaufgaben, als es sonst gegeben hätte?
Wenn man das so mit etwas Humor rüberbringt, werden die Schüler i.d.R. sehr schnell amüsiert zu dem Schluss kommen, dass sie lieber die Hausaufgaben machen, als sich auf solche Dinge einzulassen.
Chunking Up
Hier macht man das Gegenteil und verallgemeinert eine Aussage.
In meinem Hausaufgaben-Beispiel könnte das z.B. bedeutet, dass ich die Aussage umkehre und dadurch verallgemeinere:
Aus „Wenn wir Hausaufgaben bekommen, passen wir nicht mehr auf“ wird dann „Wenn ihr heute keine Hausaufgaben bekommt, passt ihr also ALLE in JEDER Stunde in Physik IMMER auf? Auch in den Stunden direkt vor den Ferien?“.
Kaum ein Schüler würde sich darauf einlassen.
Positive Absicht unterstellen
Man sucht gezielt nach einer positiven Absicht, die man in eine Aussage hineininterpretieren kann und betont diese dann.
Im Beispiel oben also z.B. „Das heißt, eigentlich habt ihr vor, bis zu den Sommerferien im Unterricht richtig gut aufzupassen und mitzuarbeiten? Find ich cool, ich hätte da auch eine prima Hausaufgabe, die euch dabei unterstützen kann!“
Outcome
Man sucht nach einem Resultat, dass die Beteiligten attraktiv finden. Also z.B. „…oder wir denken mal zusammen darüber nach, wie die Hausaufgabe aussehen könnte, damit ihr die nächste Klassenarbeit richtig gut hinkriegt.“
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Generell geht es beim Thema Schlagfertigkeit darum, den Ball wieder an den Absender zurückzuspielen und aus der ursprünglichen Situation herauszugehen. Man lässt sich nicht auf das Spiel des Gegenüber ein, sondern spielt sozusagen nach seinen eigenen Regeln.
Die kürzeste Möglichkeit dazu, ist einfach beim Gegenüber nochmal nachzufragen.
„Hä?“, „Kannst du das nochmal wiederholen?“, „Was genau meinst du damit?“, wären solche Möglichkeiten. Oder aber, man wiederholt einfach noch einmal die Aussage des Gegenüber.
Das verschafft einem zusätzlich Zeit, in der einem vielleicht auch die passende Antwort einfällt.
Eine weitere Möglichkeit, die man aber sehr mit Bedacht einsetzen sollte, ist der sog. provokative Stil.
Das hat bei mir oft ganz gut funktioniert, wenn ich aufgrund meiner Stundenreduzierung manchmal etwas später in die Schule gekommen bin und Kollegen dann leicht scherzhaft fragen „Na, kommst du auch schon?“.
Ich sage dann ebf. scherzhaft z.B. „Ja, geht ja nicht anders. Eigentlich ist es mir ja noch zu früh.“
Das nimmt der Aussage den Wind aus den Segeln und zieht die ursprüngliche Aussage ins Humorvolle.
Aufpassen muss man allerdings, dass der provokante Stil nicht zur Provokation wird, was gerade auch in der Kommunikation mit Schülern schnell der Fall sein kann.
Wenn du noch mehr über die Sleight of Mouth – Muster wissen willst, habe ich hier noch einige Links für dich:
- Podcast des NLP-Ateliers mit einer Folge über Sleight of Mouth und Schlagfertigkeit, aus der ich einige Anregungen für diese Folge übernommen habe
- Beitrag mit noch viel mehr Schlagfertigkeitstechniken auf rethorik.ch
- Sleight of Mouth – Artikel bei NLPedia, dem NLP-Onlinelexikon
- Artikel über die Sleight of Mouth – Muster von Landsiedel NLP
Falls du noch tiefer in das Thema Sleight of Mouth einsteigen willst, schaue dir dieses Buch von Robert Dilts über die Sleight of Mouth – Sprachmuster an.
In dem Buch geht es allerdings nicht um Schlagfertigkeit, sondern tatsächlich nur um die verschiedenen Sprachmuster, ihre Bedeutung und wie man sie nutzen kann, um die Kommunikation mit seinem Gegenüber effektiver (nutzbringender für beide Seiten) zu gestalten.
Das Buch ist keine leichte Lektüre, sondern stellt eher einen theoretischen Rahmen zum Thema Sprachmuster vor.
Wenn du es lieber etwas praktischer magst, ist vielleicht folgendes Buch interessant für dich. In dem geht es nämlich überwiegend um die Praxis der Schlagfertigkeit.
Wie kann man üben, schlagfertiger zu reagieren? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit man überhaupt schlafgertig auftreten kann? Und welche konkreten Techniken kann ich dabei einsetzen?
All das sind Fragen, die in dem Buch beantwortet werden.
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Damit bin ich auch schon wieder am Ende der heutigen Folge über die Schlagfertigkeit.
Wie hat dir diese Folge gefallen? Konntest du ein paar Ideen für dich mitnehmen? Was denkst du über Schlagfertigkeit und Humor im Unterricht?
Vielleicht hast du ja auch noch eigene Ideen dafür, wie man als Lehrer schlagfertiger werden kann.
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