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Das Wichtigste dieser Folge in Kurzform:

  • Eines der größten Probleme im Lehrervormittag ist, dass es nur selten Raum für ausreichende Pausen zur Regeneration gibt.
  • Deshalb fühlen sich viele Lehrer nach einem anstrengenden Vormittag in der Schule leer und ausgelaugt.
  • Du findest in dieser Folge eine kurze und effektive Selbstcoachingtechnik, mit der du dich während des Vormittags in der Schule sehr schnell regenerieren, neue Energie tanken und anschließend wieder konzentrierter arbeiten kannst.

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Heute möchte ich dir eine Technik vorstellen, mit der du in kürzester Zeit wieder in einen neutralen Zustand kommen kannst, wenn du z.B. eine unangenehme Situation erlebt hast oder wenn du dich nach z.B. einer anstrengenden Unterrichtsstunde einfach insgesamt gestresst fühlst und schnell neue Energie und Zuversicht brauchst.

Außerdem hilft dir die Übung auch dabei, dass du dich wieder besser konzentrieren kannst – z.B. nach der Mittagspause im Ganztagsunterricht.

Die Rede ist vom sog. Eye Movement Integrator, kurz EMI, einer Technik, die ihre Wurzeln im NLP, dem Neurolinguistischen Programmieren, hat.

Der EMI ist eine genauso effektive wie auch kurze Technik. Deshalb kannst du ihn z.B. auch sehr gut in den 5-Minuten-Pausen zwischen zwei Stunden verwenden, um dein System wieder etwas „herunterzufahren“.

In Folge 18 hatte ich dir ja schon ein paar Techniken für effektivere Pausen vorgestellt und dabei auch verschiedene Augenübungen erwähnt.

Solche Augenübung zur Regeneration und Entspannung gibt es in vielen Kulturen und Systemen, z.B. auch im Yoga oder im Chi Gong. Irgendwie scheinen die Augen in enger Verbindung mit unserem inneren Erleben zu stehen.

Nicht umsonst heißt es auch, dass die Augen der Spiegel der Seele seien.

Der EMI ist eine weitere dieser Augentechniken. Allerdings eine, die sehr viel tiefer geht.

Bevor ich dir die Technik zeige, noch ein paar Hintergründe dazu, damit du besser verstehst, warum der EMI ein so effektives Instrument ist, um unangenehme Situationen und Erlebnisse hinter sich zu lassen und wieder in einen neutralen Zustand zu kommen.

Wenn dich das nicht weiter interessiert, dann springe gleich zum Abschnitt „Der Ablauf des Eye Movement Integrators“.

Die Hintergründe des Eye Movement Integrator

Entwickelt wurde der EMI von Steve und Connirae Andreas, die beide wichtige Einflüsse auf die Entwicklung des NLP gehabt haben.

Die Grundlage für den EMI bilden die sog. Augenzugangshinweise, die man im NLP nutzt.

Genau über die habe ich mich vor einiger Zeit mit einer Freundin unterhalten, die gerade dabei war, eine Ausbildung zum Business-Coach zu machen.

In ihrer Ausbildung kamen auch Teile aus dem NLP vor und da ich zur gleichen Zeit gerade dabei war, meine NLP-Ausbildung zu machen, unterhielten wird uns ein wenig über die Augenzugangshinweise. Christel, so hieß die Freundin, fand diese Augenzugangshinweise etwas „gewöhnungsbedürftig“.

Kurz, worum geht es bei diesen sonderbaren Augenzugangshinweisen?

Die Augenzugangshinweise im NLP

Im NLP kennt man verschiedene Repräsentationssysteme, die man am ehesten vielleicht mit unseren Sinnen gleichsetzen könnte. Repräsentationssysteme bilden die Wirklichkeit um uns herum in unserem Inneren ab. Entsprechend haben wir ein visuelles, ein auditives, ein kinästhetischen (Tastsinn, Körperwahrnehmungen), ein olfaktorisches (Geruchssinn) und ein gustatorisches (Geschmackssinn) Repräsentationssystem.

Im NLP geht man nun davon aus, dass man anhand der Blickrichtung des Gegenüber erkennen kann, in welchem Repräsentationssystem derjenige gerade „unterwegs ist“ – und dann gezielt dieses System nutzen kann, um so eine bessere Verbindung zum Gegenüber aufzubauen.

Ein Beispiel aus der Schule:

Wenn du einem Schüler, der überwiegend visuell orientiert ist und bevorzugt dieses Repräsentationssystem nutzt, etwas erklärst und dabei Sätze benutzt wie „Wie hört sich das für dich an?“ oder „Klingt das nachvollziehbar für dich?“, dann wirst du diesen Schüler nicht so gut erreichen.

Wenn du deine Wortwahl aber auf sein Repräsentationssystem abstimmst und z.B. Sätze benutzt wie „Leuchtet dir das ein?“ oder „Schau dir das hier mal an“, dann fühlt sich dieser Schüler viel eher angesprochen.

Bei den Augenzugangshinweisen werden 9 Positionen in drei Ebenen unterschieden. Jeder Ebene wird eines unserer drei Hauptrepräsentationssysteme (visuell, auditiv, kinästhetisch) zugeordnet.

Schaut nun jemand bevorzugt in eine bestimmte Richtung, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er gerade in dem entsprechenden Repräsentationssystem unterwegs ist.

Das gilt zwar nicht 1:1 für alle Menschen und es gibt auch Menschen, bei denen es überhaupt nicht zutrifft, aber für die Mehrheit passt es – so die Theorie im NLP.

Was hat das nun mit der Technik zu tun, die ich dir in dieser Folge vorstellen will?

Ganz einfach, die Technik nutzt die Aktivierung genau dieser Augenpositionen, um sehr schnell wieder in einen neutralen, entspannten Zustand zu kommen. Falls du das jetzt so sonderbar findest, wie meine Freundin damals, halte noch etwas durch.

Das Modell der Augenzugangshinweise und dass man sie nutzen kann, um gezielt das innere Erleben zu beeinflussen hat nämlich sogar klinische Relevanz.

Aus dem Eye Movement Integrator haben sich nämlich z.B. auch das EMDR (die Abkürzung steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing) und das Wingwave entwickelt – beides Techniken, die im therapeutischen Bereich z.B. auch für die Bearbeitung schwerer Traumata eingesetzt werden.

Warum der Eye Movement Integrator funktioniert

Warum der EMI und die anderen erwähnten Methoden funktionieren, dafür gibt es mehrere Erklärungsansätze.

Submodalitäten

Einer davon nutzt die sog. Submodalitäten des NLP als Erklärung. Von denen hatte ich ja schon das eine oder andere Mal gesprochen. Kurz zur Erinnerung, was das war:

Alles, was wir in unseren Repräsentationssystemen abbilden, jedes innere Bild, jede innere Stimme, jede innere Körperwahrnehmung usw., hat verschiedene Aspekte.

Ein innere Bild kann z.B. nahe vor unserem Gesicht erscheinen oder weiter weg sein. Es kann farbig oder schwarz-weiß sein usw. Diese Aspekte unserer Repräsentationssysteme werden im NLP Submodalitäten genannt – und die haben einen großen Einfluss auf unser inneres Erleben.

Kurzes Experiment dazu:

Denke einmal an eine Person oder Situation, die dir unangenehm ist, und schaue, ob du ein inneres Bild dazu hast. Dann schaue dir einmal an, an welcher Position dieses innere Bild erscheint (mittig vor deinem Gesicht, weiter oben, weiter unten usw.).

Verschiebe jetzt dieses Bild vor deinem inneren Auge einmal an eine andere Position und schaue, was das bei dir mit der Bewertung der Situation bzw. deinem Gefühl zu der Person macht.

Meist sehen wir Bilder, die uns belasten, eher etwas weiter oben. Wenn wir solche Bilder dann innerlich weiter nach unten Richtung Fußboden verschieben, empfinden wir die dazugehörige Person oder Situation meist als weniger belastend.

Das ist im NLP die Arbeit mit Submodalitäten.

Jede Erinnerung, die wir abspeichern, hat auch eine räumliche Komponente. Einen Ort, an dem diese Erinnerung auftaucht, wenn wir sie abrufen.

Der Eye Movement Integrator aktiviert jetzt nicht nur die verschiedenen Repräsentationssysteme, sondern schafft durch die Augenbewegung auch Zugang zu den an den verschiedenen Positionen abgelegten Erinnerungen und Erlebnissen, wodurch diese verarbeitet und in unser Gesamtsystem integriert werden können (daher auch der Name Eye Movement Integrator).

Und das entspannt und regeneriert unser System und uns selbst.

Neuromedizin

Eine andere Erklärung zu der Wirksamkeit des EMI und der anderen Techniken, die sich aus dem Eye Movement Integrator entwickelt haben, stammt aus der Neuromedizin.

In Folge 19 ging es um gesunden Schlaf – leider auch ein Problem für viele Lehrer. Dabei hatte ich auch kurz über die verschiedenen Schlafphasen gesprochen.

Eine dieser Phasen ist die sog. REM-Phase. „REM“ steht für Rapid Eye Movement und kennzeichnet eine Schlafphase, in der unsere Augen sich sehr schnell und intensiv hin- und herbewegen.

Die REM-Phase ist auch die Phase, in der wir träumen.

In der Neuromedizin wird nun diskutiert, ob in der REM-Phase möglicherweise eine Verarbeitung der Erlebnisse des vergangenen Tages erfolgt.

Gleichzeitig geht man davon aus, dass die schnelle Augenbewegung dazu beiträgt, die beiden Gehirnhälften miteinander zu synchronisieren und so das System in eine Art Gleichgewicht zu bringen.

Beides könnte auch beim Eye Movement Integrator eine Erklärung für dessen Funktionsweise sein.

Aber wie funktioniert die Technik nun?

Der Ablauf des Eye Movement Integrators

Kommen wir jetzt dazu, wie der Eye Movement Integrator denn nun genau funktioniert. Dazu stelle ich dir zwei verschiedene Varianten vor. Probiere einfach beide aus und nutze die, die am besten für dich funktioniert.

Vorher allerdings noch ein wirklich wichtiger und ernstgemeinter Hinweis:

Nutze den Eye Movement Integrator auf keinen Fall zur Selbsttherapie bei traumatischen Erlebnissen! Die Bearbeitung solcher Erlebnisse gehört unbedingt in die Hände einen dafür ausgebildeten Therapeuten.

Der Eye Movement Integrator dient nur dazu, Stresszustände und Ermüdungserscheinungen zu lindern, wie sie z.B. während eines anstrengenden Schulvormittags auftreten.

Jetzt aber zum Ablauf.

Variante A – die klassische Variante

Stelle dir vor deinem Gesichtsfeld ein Raster aus insgesamt 9 Punkten vor, die in drei Ebenen angeordnet sind. Du hast also 3×3 Punkte bzw. Positionen.

Stelle dir diese Matrix so groß vor, dass sie dein gesamtes Gesichtsfeld ausfüllt. Du solltest die Punkte also gedanklich so anordnen, dass sie den gesamten Bereich ausfüllen, den du gerade noch sehen kannst.

 

Augenpositionen im Eye Movement Integrator

Die 9 Augenpositionen im Eye Movement Integrator mit allen Querverbindungen.

Jetzt „fährst“ du mit deinen Augen alle Punkte nacheinander ab. Bewege dabei die Augen tatsächlich in die Richtung, an der sich die Punkte der Matrix vor deinem inneren Auge befinden und fahre auch alle möglichen Querverbindungen mit deinen Augen ab.

Mache diese Übung für ein oder zwei Minuten bzw. solange, wie du dich wohl damit fühlst.

Sollte dir schwindelig werden oder solltest du dich irgendwie unwohl fühlen, höre sofort mit der Übung auf!

Du kannst auch die Übung mehrmals für kürzere Zeit durchführen und zwischendurch jeweils eine kurze Pause einlegen, in der du bewusst ein- und ausatmest.

Du wirst sehen, dass der Eye Movement Integrator dich sehr schnell wieder in einen neutraleren, entspannteren und auch fokussierteren Zustand bringt.

Variante B – Das Ziffernblatt

Die Variante habe ich von Dr. Brigitte Gleiche gelernt, einer Fachärztin für Psychotherapie und Psychoanalyse und Trainerin für Stressmanagement. Die Übung wird auch die 3-Minuten-Entspannung genannt.

Für diese Variante stellst du dir einfach ein Ziffernblatt vor, dass wieder dein gesamtes Gesichtsfeld ausfüllt. Fahre dann für 40 Sekunden die verschiedenen Ziffern auf diesem Ziffernblatt mit den Augen ab, wobei du schwerpunktmäßig solche Zahlenpaare nimmst, die sich auf dem Ziffernblatt gegenüber liegen.

Anschließend nimmst du ein oder zwei tiefe Atemzüge und wiederholst die Übung dann noch zweimal.

Mir persönlich gefällt diese Variante sogar besser als die klassische Variante. Die Wirkung ist aber natürlich bei beiden vergleichbar.

Wozu du den Eye Movement Integrator noch nutzen kannst

Der EMI hilft nicht nur bei Stress, um wieder entspannter zu werden und dadurch auch wieder konzentrierter und fokussierter arbeiten zu können.

Du kannst ihn z.B. auch bei Lampenfieber einsetzen. Das betrifft uns Lehrer ja meist eher weniger, aber ich weiß, dass es für manche Kollegen ein echtes Problem ist, z.B. bei einer Abschlussfeier vor der Elternschaft zu sprechen.

Und auch das sichere und entspannte Auftreten auf Elternabenden fällt nicht allen leicht. Für mich waren Elternabende jedenfalls lange Zeit eine ziemliche Herausforderung, weil ich mich dabei ziemlich unsicher gefühlt habe.

In solchen Fällen kann der Eye Movement Integrator eine echte Hilfe sein.

Gleiches gilt für Prüfungsangst. Das ist für fertig ausgebildete Lehrer zwar kein akutes Thema mehr, weil es einfach keine Prüfungssituationen mehr gibt und ich rate auch davon ab, solche Techniken ohne Einverständnis der Eltern mit Schülern durchzuführen, bei denen Prüfungsangst ja durchaus ein Thema ist, aber im Referendariat sind Prüfungen und Unterrichtsbesuche natürlich permanent präsent.

Hier kann der Eye Movement Integrator helfen, innerlich wieder zur Ruhe zu kommen, was dazu beiträgt, z.B. bei Unterrichtsbesuchen souveräner aufzutreten und bei Problemen besser zu reagieren.

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Das war´s auch schon für dieses Mal mit dem Eye Movement Integrator.

Probiere die Technik einfach mal aus und schreibe mir, wie du mit dieser Übung klargekommen bist und wie die Technik für dich funktioniert hat!

Natürlich gibt es noch unendlich viele andere Techniken, mit denen du schnell und effektiv abschalten kannst.

Eine davon beschreibe ich in einem eBook, dass du kostenlos als Dankeschön für deine Eintragung in den Healthy Teacher Newsletter erhältst.

Trage dich hier einfach in den Newsletter ein und erhalte als Dankeschön das eBook mit der genauso einfachen wie genialen 5-Minuten-Selbstcoachingtechnik, mit der du in Nullkommanix nach der Schule abschaltest und entspannt in den Nachmittag startest.

Und falls NLP-Formate und Mentaltechniken nicht so dein Ding sind, habe ich in einer der nächsten Folgen etwas Interessantes für dich. Dann wird es nämlich darum gehen, wie du auch ohne solche Techniken entspannter und fokussierter arbeiten kannst.

Sei gespannt!

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